KI und Sprachübersetzung (Table Ronde)

11. Mai 2023

Haus der Begegnung, Bern


Referenten

Ettore Mjölsnes

Jean-Luc Egger

Elisabeth Ehrensperger

KI-generiertes Bild auf Basis der Anweisung “Roxane (rechts) liest die vermeintlichen Liebesbriefe von Christian de Neuvillette (links) in "Cyrano de Bergerac", 2023, Made by Digiboo & DALL·E 2

Wir freuen uns sehr, Sie zur Veranstaltung "KI und Sprachübersetzung" (Table Ronde) am 11. Mai 2023 im Haus der Begegnung in Bern einzuladen.

Die Veranstaltung richtet sich sowohl an Fachleute aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Sprachtechnologie und Übersetzung als auch an die breite Öffentlichkeit.

In der heutigen Zeit gewinnt die maschinelle Übersetzung immer mehr an Bedeutung, und KI-Technologien zur Sprachübersetzung werden immer häufiger eingesetzt. Das Ziel unserer Veranstaltung ist es, den aktuellen Stand der Forschung und Entwicklung im Bereich der maschinellen Übersetzung aufzuzeigen, die Möglichkeiten und Grenzen von KI in der Sprachübersetzung zu diskutieren und eine kritische Auseinandersetzung mit der maschinellen Übersetzung anzuregen.

Unsere Referenten werden dabei verschiedene Perspektiven aufzeigen und in eine offene Diskussion mit dem Publikum eintreten.

Den Auftakt macht der Übersetzer und Autor Ettore Mjölsnes mit seinem Vortrag "DeepL und deren Anwendung bei der Bundesverwaltung". Anschließend wird Jean-Luc Egger aus theoretischer Sicht einen generellen Input geben (auf Französisch), gefolgt von einem kurzen Input von Elisabeth Ehrensperger aus Sicht der Technologiefolgen-Abschätzung.

In der Diskussionsrunde möchten wir gemeinsam mit dem Publikum die Chancen und Risiken der maschinellen Übersetzung erörtern und die Rolle des menschlichen Übersetzers in diesem Kontext diskutieren.

Wir laden Sie herzlich dazu ein, an dieser spannenden Veranstaltung teilzunehmen und sich mit uns über die Zukunft der Sprachübersetzung auszutauschen. Bitte beachten Sie, dass der Eintritt kostenlos ist, aber aufgrund begrenzter Plätze eine Anmeldung erforderlich ist.

Programm und Zeitplan der Veranstaltung:

  • Ab 18:15: Eintreffen und Check-in

  • 18:30 - 18:35: Begrüßung und Vorstellung des Themas durch den Moderator Walther Fuchs.

    "KI und Sprachübersetzung" – eine persönliche Vorstellung: Drei Input-Sessions:

  • 18:35 - 18:50: Input 1 von Ettore Mjölsnes zu DeepL und deren Anwendung bei der Bundesverwaltung.

  • 18:50 - 19:00: Input 2 von Jean-Luc Egger aus einer theoretischen Perspektive (in Französisch).

  • 19:00 - 19:10: Input 3 von Elisabeth Ehrensperger im Hinblick auf Technologiefolgen-Abschätzung

  • 19:10 - 19:30: Diskussion mit dem Publikum

  • 19:35: Ende der Veranstaltung

Freier Eintritt: Eine besondere Veranstaltung erwartet Sie!

Damit wir besser planen und für ein optimales Erlebnis sorgen können, bitten wir Sie, sich im Voraus anzumelden. Klicken Sie einfach auf den untenstehenden Button, um Ihre Teilnahme zu bestätigen.

Veranstaltungsort: Haus der Begegnung Mittelstrasse 6a 3012 Bern Bus Nr. 20 bis Station "Mittelstrasse" (Richtung Länggasse). Fussmarsch ab Bahnhof ca. 10 Minuten.

Literaturempfehlung:
Für alle Interessierten empfehlen wir zudem das Buch "Der stumme Text. Eine Kritik der maschinellen Übersetzung” von Ettore Mjölsnes.


Bericht zur Veranstaltung "KI und Sprachübersetzung"

Am 11. Mai 2023 fand im Haus der Begegnung in Bern eine wegweisende Veranstaltung mit dem Titel "KI und Sprachübersetzung" statt. Diese wurde initiiert aufgrund der Veröffentlichung des Buches "Der stumme Text. Eine Kritik der maschinellen Übersetzung" von Ettore Mjölsnes, einem anerkannten Übersetzer und Autor. Die Veranstaltung richtete sich sowohl an Fachleute aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Sprachtechnologie und Übersetzung als auch an die breite Öffentlichkeit.

Ziel der Veranstaltung war es, den aktuellen Stand der Entwicklung im Bereich der maschinellen Übersetzung darzustellen, die Möglichkeiten und Grenzen von Künstlicher Intelligenz in der Sprachübersetzung zu diskutieren und eine kritische Auseinandersetzung mit der maschinellen Übersetzung anzuregen. Das Publikum hatte die Gelegenheit, verschiedene Perspektiven auf dieses Thema kennenzulernen und in eine offene Diskussion mit den Referenten einzutreten.

Den Auftakt machte Ettore Mjölsnes mit seinem Vortrag "DeepL und deren Anwendung bei der Bundesverwaltung". Mjölsnes ging auf seine Erfahrungen mit maschinellen Übersetzungsprogrammen wie DeepL ein und erläuterte, wie diese Technologien die Arbeit von Übersetzern beeinflussen. Er betonte, dass maschinelle Übersetzungen zwar schnelle und präzise Ergebnisse liefern können, jedoch oft die Tiefe und Komplexität des ursprünglichen Textes vermissen lassen. In seinem Vortrag unterstrich er den wesentlichen Unterschied zwischen menschlichen und maschinellen Übersetzungen: Während die Maschine eine Zeichenfolge liefert, die auf nichts außer auf sich selbst verweist, also einen “stummen Text”, spiegelt die menschliche Übersetzung das materielle und geistige Umfeld des Übersetzers wider. Hierin liegt der Mehrwert der menschlichen Übersetzung, und ein gewichtiges Argument für deren Einsatz. Vgl. Leseexemplar und Informationen.

Dr. Jean-Luc Egger, der stellvertretende Leiter der Sektion Gesetzgebung und Sprache der Abteilung Italienisch in der Bundeskanzlei, lieferte einen theoretischen Einblick in die Sprachenpolitik der Schweiz und den möglichen Einfluss von maschinellen Übersetzungen darauf. In seinem französischsprachigen Vortrag thematisierte er die vier Amtssprachen der Schweiz, die gemäß Artikel 4 der Bundesverfassung Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch sind. Egger diskutierte, wie maschinelle Übersetzungen die Umsetzung der Sprachenpolitik des Bundes beeinflussen könnten, und warnte vor einer möglichen Verwässerung der Übersetzungsqualität durch deren Einsatz.

Er bezog sich auch auf Artikel 18 der Bundesverfassung, der das Prinzip der Sprachenfreiheit anerkennt, und Artikel 70, der die Amtssprachen des Bundes definiert und die Zuständigkeiten von Bund und Kantonen bei der Durchführung der Bundes-Sprachenpolitik regelt. Für die Schweiz als Willensnation stellen die Landessprachen einen wichtigen Kohäsionsfaktor dar, deren Pflege und Entwicklung man nicht der maschinellen Übersetzung allein überlassen sollte. Die menschliche Übersetzung übernimmt nämlich nicht nur eine sprachliche, sondern auch eine wichtige kulturelle Vermittlungsfunktion.

Anschließend sprach Dr. Elisabeth Ehrensperger, Geschäftsführerin von TA-SWISS, über die Grenzen und Risiken von KI-Modellen wie ChatGPT. Sie betonte, dass diese Modelle zwar technisch fortschrittlich sind, jedoch keine Argumentation oder Interpretation bieten können. Sie sind anfällig für sachliche Fehler und können nicht zwischen "richtig" und "falsch" unterscheiden. Ein weiteres diskutiertes Problem war die Verzerrung in den Trainingsdaten der KI-Modelle, die oft bestehende Vorurteile und Stereotypen reflektieren können. Diese Verzerrungen können sich in den Antworten der Modelle widerspiegeln und bestehende Diskriminierungen verstärken. Dr. Ehrensperger hob auch die Schwierigkeiten hervor, eine angemessene Repräsentation aller Sprachen und Kulturen in diesen Modellen zu gewährleisten. Sie betonte die Notwendigkeit einer breiten öffentlichen Debatte und umfassender Überlegungen zur ethischen Dimension des Einsatzes dieser KI-Modelle, insbesondere im Hinblick auf unsere Schreib- und Lesegewohnheiten und unser Verhältnis zur Welt.

Die abschließende Diskussionsrunde mit dem Publikum konzentrierte sich auf praktische Erfahrungsberichte aus den Übersetzungsdiensten der Bundesverwaltung und aus privaten Übersetzungsagenturen, sowie von freiberuflichen Übersetzern. Diskutiert wurden auch Fragen zur Akkuratheit und zum Produktivitätsgewinn durch den Einsatz von maschineller Übersetzung. Besonderes Augenmerk erlangte die Studie von Jessica Selinger: "Einsatz von maschineller Übersetzung: Ist Zeitgewinn bei gleicher Qualität möglich?". In diesem Kontext wurde auch Textshuttle, eine Schweizer Lösung zur maschinellen Übersetzung, diskutiert, die dazu beiträgt, die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren. Die Diskussion beleuchtete auch den Druck zur Anwendung maschineller Übersetzung, der dadurch entsteht, dass eine große Institution wie die EU mittlerweile auf solche Verfahren zurückgreift in den Fällen, in denen die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen, um z. B. Internetseiten in allen Amtssprachen zu übersetzen.

Die Veranstaltung endete um 20:00 Uhr, doch die Gespräche wurden bei einem Apéro mit Tessiner Spezialitäten fortgesetzt. Insgesamt war die Veranstaltung "KI und Sprachübersetzung" ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte über die Rolle der Künstlichen Intelligenz und maschineller Übersetzungen. Sie bot den Teilnehmern wertvolle Einblicke in die Chancen und Risiken dieser Technologien und regte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der maschinellen Übersetzung auf unsere Gesellschaft an.


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